YOU BETTER DO WHAT THEY TELL YOU
Gesellschaftliche Enge war für die vergangenen Generationen in der “westlichen Welt“ das Joch, das es beständig zu bekämpfen und stückweise abzuschütteln galt. Auflehnung statt Anpassung war sozusagen die Triebfeder der westlichen Kulturentwicklung nach dem zweiten Weltkrieg. Ende der 90er kulminierte diese Überzeugung hymnenhaft in einem Song von der...
UNTER DER SONNE DES NARZISSMUS: KOPFGEBURTEN
Eine andere Perspektive: Sich in der Welt, wie sie ihm gefällt, zu behaupten, ist eines der großen Themen des Narzissten. Der Begriff Kopfgeburt stammt aus der griechischen Mythologie. Göttervater Zeus wird prophezeit, dass seine Geliebte Metis ein Kind in die Welt setzen würde, welches eines Tages seinen Platz einnehme. Um dem vorzubeugen – sei es aus...
SOZIALE ISOLATION
Die Polemik von Max Czollek’s „Desintegriert euch!“ liefert im Titel eine gute Vorlage für "das Buch unserer Zeit“. Psychologen würden wahrscheinlich lieber mit dem Aufruf: „Deisoliert euch!“ auf dem Titel in der Auslage des Buchhändlers liegen, weil die psychischen Folgen von Isolation entgegen den medizinischen Vorteilen als Reaktion auf eine Pandemie...
HIKIOMORI ODER DER SELBSTVERORDNETE LOCKDOWN
Der Filmemacher und Philosoph Alexander Kluge fragt in einem Interview mit dem Film- und Theaterregisseur Christoph Schlingensief: „Die Zerrissenheit ist der Gegenpol des Glücks. Also wenn die beiden Seelen sich gegenseitig bewettern und zerfetzen, ist das ein sehr starkes Unglück. Was macht man dann?“ Und Schlingensief antwortet: „Man entzieht sich,...
SELBSTOPTIMIERUNG
Der Unterschied zwischen einem Lebenskünstler und einem Selbstoptimierer ist nicht, dass sie unterschiedliche Ziele verfolgen, sondern letzterer die Kilometer und den Energieverbrauch auf dem Weg dorthin getrackt hat. Human Enhancement bezeichnet die selbstbestimmte Weiterentwicklung des Menschen mithilfe wissenschaftlicher und technischer Mittel....
KRÄNKUNG
„Die Kränkung ist etwas, das die Realität mir antut“, sagt der Psychoanalytiker Wolfgang Schmidbauer. Kränkungen sind nicht bloß Phänomen und Problem zwischenmenschlicher Beziehung, sondern zugleich eines der größten Risiken, auf dessen Basis sich Beziehungen in ihrem Potential erst entfalten. Denn mit zunehmender Nähe steigt die Gefahr, kränkbar zu...
DER CORONA-BLUES
„Die Ausnahme denkt das Allgemeine mit energischer Leidenschaft“, schreibt Søren Kierkegaard. Auch umgekehrt ist das Allgemeine ohne Ausnahme als solches nicht zu erkennen. Ausnahme- und Normalzustand bedingen einander, insofern als sie in ihrer Abweichung voneinander ihre jeweilige Bedeutung gewinnen: Ausnahmen bestätigen die Regel, wie es im Volksmund...
JOB ODER BERUFUNG
Man könnte fast meinen, Beruf und Berufung seien schlicht nur durch eine Silbe voneinander unterschieden. Berufener durch Berufung durch das Vernehmen einer Stimme von Außen zu sein, so sind pointiert Papst- und Priesterbiographien nachzuvollziehen. Ebenso können im akademischen Bereich Professoren an einen Lehrstuhl berufen werden. Außerhalb dieser...
MID-CAREER-CRISIS – KARRIEREKATER MIT 40
Eudaimonia beschreibt das höchste zu erreichende Gut. Das Endziel des Menschen, meint Aristoteles, sei die gelungene Lebensführung. Auch wenn phasenweise der Eindruck entsteht, die Verführungen des Lebens hinderten einen an der gelungenen Lebensführung, dann meist, weil sich der Eindruck verbreitet, einen einzigen Weg nehmen zu müssen, um die...
DER VIRUS DES AUSNAHMEZUSTANDES
Angela Merkel hat in ihrer kürzlich gesendeten Fernsehansprache an den Verstand appelliert, indem sie eindringlich zu der Vermeidung sozialer Kontakte aufrief. Die Mutter erteilt Hausarrest. Und was macht üblicherweise dann das Kind? Aufbegehren oder verzweifelt rebellieren. Und wenn es der Erwachsene derzeit nicht tut, dann weil er seine sozialen...
DER NAME DES VATERS
Der Name des Vaters (auch: Der symbolische Vater) beschreibt eine Theorie von Jacques Lacan (französicher Psychoanalytiker, der die Schriften Freuds interpretiert und weitergeführt hat). Übersetzt ins Französische sagt man: Nom-du-Père, in dessen Formulierung lautsprachlich das sogenannte „Nein" des Vaters klingt. Eine weitere Assoziation versetzt...
THERAPIEABBRUCH
Es ist kein leichter Schritt, sich für eine Therapie zu entscheiden, und meist mit Scham verbunden. Und es ist oft auch ein schwerer Schritt, diese wieder zu beenden. In eine Beziehung hineinzukommen hat den Vorteil, nicht wissen zu können, worauf man sich einlässt. Das Beenden einer Therapie hat den Vorlauf einer Entscheidung. Eine im besten Fall gute...
BEZIEHUNG UND BEZIEHUNGSUNFÄHIGKEIT
„Das führt dazu, dass wir uns selbst zuwenden und uns ständig mit unserer eigenen Psyche beschäftigen. Wir suchen den Fehler in unserem Selbst. Und die kognitive Psychologie zeigt: Wenn wir zu viel Auswahl haben, ruft das entweder Entscheidungsunfähigkeit oder Leidenschaftslosigkeit hervor. Wir können keine klare Auswahl mehr treffen. Im Ergebnis...
PSYCHOTHERAPIE ODER COACHING
Jeder kennt den Satz: „Der gehört doch auf die Couch.“ Und niemand will von diesem gemeint sein. In manchen Bundesländern will man auch bereits in Erfahrung gebracht haben, wo die Reise hingeht: „Der gehört nach Bedburg-Hau, Ochsenzoll …“ - also in eine nahegelegene psychiatrische Klinik. Es ist der Kontext, in den die psychotherapeutische Behandlung...
SCHAM & PSYCHOTHERAPIE
Wikileaks Gründer Julian Assange saß lange in der ecuadorianischen Botschaft in London fest. Die Schuld, die er auf sich geladen hat, war der Leak von Informationen, die nicht an die Öffentlichkeit geraten sollten. Ähnlich verhält es sich mit dem Gefühl der Scham. Nur ist man sich bei diesem Leak sein eigener Whistleblower: Scham entsteht genau dann,...
SCHULD, GEFÜHLE & PSYCHOTHERAPIE
Der Ursprung der Schuld liegt im Paradies, sagen die Theologen. Aber nicht nur der der Schuld, sondern auch der des Bewusstseins, sagen die Philosophen. Speziell Ethiker analysieren den Begriff als moralisches Gefühl. Und Juristen legen auf der Matrix psychologischer Gutachten fest, in welchem Maß einem Menschen Schuldfähigkeit zugesprochen werden kann....
SALUTOGENESE UND LEBENSFREUDE
Der israelisch-amerikanische Soziologe Aaron Antonovsky (1923-1994) verglich einmal Gesundheit und Leben mit einem Fluss. Sein Gedanke war, dass Menschen in ihrem Leben bildlich gesehen in einem Fluss voller Gefahren, Strudeln, Biegungen und Stromschnellen schwimmen. Ärzte könnten mit ihrer pathogenetisch orientierten Medizin nun versuchen, den...
GUTER PSYCHOTHERAPEUT, SCHLECHTER PSYCHOTHERAPEUT
Auch wenn die Behauptungen andere sind, aber nur in wenigen Berufen geht es um Leben und Tod oder die Operation am offenen Herzen. Der Chirurg bringt zur Operation sein Handwerkszeug mit und sein anwendbares Wissen über Herzen. Bei dem Beruf des Psychotherapeuten geht es zwar auch um Handwerk resp. Behandlungstechniken, mehr aber um die emotionale...
DIE ABWESENDE MUTTER
Das Verhältnis zur Mutter ist ein komplexes, das entweder durch aktives Beziehungsgeschehen prägend oder durch passives Beziehungserleben grundlegende Überzeugungen an das Kind vermittelt. Sicher ist, dass man diesem Verhältnis und seinen Ausprägungen nicht entkommen kann. Und dass an dem Satz: „Ich bin immer noch deine Mutter“ nicht nur in den 1960ern...
DIE WEISSE DEPRESSION
Die Farbe der Liebe ist rot. Die Farbe der Hoffnung ist grün. Die Farbe der Depression ist demnach schwarz? Die metaphorische Konnotation von komplexen Phänomenen mit eindeutigen Farben kann auch zum Einstieg in das Thema „weiße Depression“ hilfreich, jedoch gleichsam missverständlich sein. „Schwarz, wie in der schweren Depression, weiß wie in den...
LUSTGEWINN – UNLUSTVERMEIDUNG
„Wie, wenn nun Lust und Unlust so mit einem Stricke zusammengeknüpft wären, daß, wer möglichst viel von der einen haben will, auch möglichst viel von der andern haben muß – daß, wer das »Himmelhoch-Jauchzen« lernen will, sich auch für das »Zum-Tode-betrübt« bereit halten muß? Und so steht es vielleicht!“ Nietzsche verstrickt sich hier in ein Verständnis...
NARZISSMUS ALS ANTRIEBSKRAFT IN DER PSYCHOTHERAPIE
„Dem Ich muss alles fremd sein, was nicht Ich ist, und als Ich muss es wiederum diese Fremdheit aufheben, die sich zwischen (…) das Wollen, das letzthin immer nur sich selbst will, eindrängt.“ (Walter Schulz) Vorausgesetzt der Aussage, dass das Ich sich immer nur selbst befriedigen wolle, haftet Wahrheit an, dann haben wir es hier mit einer recht...
ENTHALTSAMKEIT, ABHÄNGIGKEIT UND SELBSTKONTROLLE
Was bedeutet Verzicht? Verzicht ist eine aktive Tätigkeit der Enthaltsamkeit trotz eines bestehenden Angebotes oder gar des Überflusses. Aktuell fällt der Begriff natürlich häufig in der gerade begonnenen Fastenzeit. Hierbei richtet er sich meist auf den Konsum von potentiellen Suchtmitteln wie bestimmte Nahrungsmittel, Alkohol oder Medien. Verzicht ist...
INTROSPEKTION UND EMPATHIE IN DER PSYCHOTHERAPIE
Empathisch zu sein, hat einen höchst emotionalen Streitwert. Dieser wird meist dann ins Feld geführt, wenn man sich unverstanden fühlt. Die Forderung nach Empathie bedeutet im Gefecht des wutgeladenen Austauschs auch: Versteh mich, aus mir und meiner Logik heraus. Denn es gibt eine Motivation zu ergründen, die du nur verstehst, wenn du, so weit es eben...
ABSTINENZ… PSYCHOTHERAPIE
Der Begriff Abstinenz bedeutet in erster Linie Enthaltsamkeit. Enthaltsamkeit aber setzt voraus, dass es etwas gibt, von dem man sich enthalten kann. Und enthalten muss man sich nur, wenn auch ein unerwünschtes Begehren dem sich zu Enthaltenden gegenüber mitschwingt. Ebenso wie das Begehren eine Erfüllung sowie auch eine Tragik bedeuten kann, ist die...
DIE PATIENTEN-THERAPEUTEN-BEZIEHUNG
Angenommen es gäbe die Welt, aber es gäbe keine Beziehung. Zum Beispiel keine Beziehung zu Gegenständen, also keine Erinnerung an das vergangene Gespräch beim Anblick der Reste der Nacht. Keine Beziehung zu sich selbst, also ohne die Möglichkeit, sich selbst zu verstehen. Oder eben ohne Beziehung zu anderen, also ohne Felder der Begegnung - im Grunde...
WOFÜR ABWEHR GUT IST
Das Unangenehme ist nicht zumeist Draußen, sondern in einem selbst. Manchmal passt man sich selbst nicht ins Selbstbild. Aber: Wohin dann mit diesem störenden „Gast“? Nimmt man an, es handelt sich um ein unangenehmes Vorurteil, das sich blitzartig auf dem Weg zur Arbeit in das Bewusstsein geschraubt hat, kann man dieses bis zum ersten Kaffee und Öffnen...
MEHR ÜBER ANGSTZUSTÄNDE… PANIK
Die Phänomene Angst und Panik sind vielseitig: Ist man in Angst, erscheint sie überflutend als Zustand der Bedrohung, den es wieder loszuwerden gilt. Bemerkbar wird sie als plötzlicher Umbruch in der Wahrnehmung, als Fokussierung auf die Bedrohung oder die Umdeutung der scheinbaren Harmonie und Sicherheit in Bedrohung. Angst ist ein Herausfallen aus der...
ZUFRIEDENHEIT & GLÜCKSFORSCHUNG
Das auf einer hohen Amplitude stehende dauerhafte Glück ist von der Evolution nicht vorgesehen. Die gute Nachricht ist, dass Glück und Zufriedenheit trotzdem kultivierbar sind. Der Hype um das Glück hat zugenommen und die Forschung hat nachgelegt. Allein deshalb ist der Begriff des Glücks in den verschiedenen Betrachtungsdisziplinen unterschiedlich...
TINDER & LIEBE
„Die Liebe überbietet fort und fort sich selbst, obwohl doch der andere, der bietet, sie selber ist und sie insofern der einzige beim Bieten ist.“ Dieser Gedanke zum Thema Liebe ist in einem der zahlreichen Briefe zu lesen, die der Philosoph und Theologe Sören Kierkegaard an seine Verlobte Regine Olsen schrieb. Das ist über hundert Jahre her. Liest man...
SPRECHENDE MEDIZIN
In Goethes Trauerspiel „Die natürliche Tochter“ (1801-1803) heißt es: „Das Wort verwundet leichter als es heilt.“ Bezieht man diesen Ausspruch auf die Situation, in der Arzt und Patient in den Dialog über Gesundheitszustände treten, dann bekommt das Wort als Wucht der Verwundung und Mittel des Heils einen allzu wörtlichen Sinn zugeordnet. Man denke...
DER FLEXIBLE MENSCH
Flexibilität wird häufig als Gegensatz zu Stabilität definiert. Eine Übersetzung dieser beiden Begriffe könnte auch lauten: Anpassungsfähigkeit und Unbeweglichkeit. In Anbetracht situationsbedingter Entscheidungen spricht man auch von einem Flexibilitäts-Stabilitäts-Dilemma: Wer gerade einer Aufgabe nachgeht, wie z.B. „Der flexible Mensch“ von Richard...
WORK-LIFE-BALANCE
In einem Interview auf meedia.de wird der Autor und Philosoph Alain de Botton gefragt, ob ihn sein Beruf glücklich mache. Er antwortet: „Ja, leider schon.“ Daraufhin wird er gefragt: „Warum leider?" de Botton: „Wir sind die erste Gesellschaft, die Arbeit nicht nur als Strafe empfindet, sondern als Quelle des Glücks. Das ist einerseits eine...
AUSSTEIGER
Den Schatten, den die Jalousien im Büro spenden, gegen den unter Palmen eintauschen, die schwerwiegende berufliche Entscheidung mit dem Fang eines schweren Fisches für die Abendmahlzeit ersetzen. Anstelle der Ansage auf der Konferenz die Absage an sein streng reguliertes Leben formulieren. Und was wäre eigentlich gegen den Duft ätherischer Öle anstelle...
LEISTUNG… SELBSTOPTIMIERUNG
„Stressfrei durch den Berufsalltag“, „Entspann Dich! – Selbstoptimierung durch Gelassenheit“ oder auch „Effizienz und Ausgeglichenheit – wie Sie den Leistungsansprüchen genügen können“ – so oder ähnlich könnten Buchtitel lauten, die ein gutes Lebensgefühl versprechen. Gesetzt den Fall, man folgt den enthaltenen Tipps und Ratschlägen. Häufig jedoch sind...
KAMPF UM ANERKENNUNG
Der Begriff der Anerkennung, aber auch die Bejahung, Akzeptanz oder Bestätigung finden in der klassischen Psychoanalyse keine Anwendung. Doch in einigen neueren, intersubjektivistischen Ansätzen, wie sie unter anderem die Psychoanalytikerin Jessica Benjamin vertritt, kommt der „Anerkennung“ zunehmend Bedeutung zu. Auf der Grundlage von Winnicotts...
MORALISCHES EMPFINDEN
Im Rahmen eines Experiments sollte ein Teil einer Gruppe eingeladener Theologiestudenten einen Vortrag über Berufsaussichten, ein anderer Teil einen Vortrag über die biblische Parabel vom barmherzigen Samariter vorbereiten. Anschließend wurden sie zum Vortrag in ein anderes Gebäude geschickt. Dabei wurde ein Drittel der Teilnehmer aufgefordert, sich...
MORE ABOUT DEPRESSION
In „The Guardian“ vom 7. Januar 2018 wird in einem Artikel von Johann Hari mit dem Titel: „Is everything you think you know about depression wrong?“ die Brüchigkeit der Serotonin-Mangel-Hypothese, sprich die Fragwürdigkeit der Erklärung der Entstehung von depressiven Erkrankungen durch einen Mangel an dem Hormon und Neurotransmitter Serotonin...
AUTONOMIE – ABHÄNGIGKEIT
Die schützende Geborgenheit, die das Neugeborene in der zunächst symbiotischen Mutter-Kind-Beziehung erlebt, weicht sukzessive dem gleichermaßen im Menschen angelegten Bedürfnis, die Welt selbstständig zu erkunden. So wie das Kind im ersten Lebensjahr die Verbundenheit mit der Mutter als überlebensnotwendig erfährt, so exploriert es danach seine...
VERSCHIEBUNG ALS ABWEHR
Wenn der Ausgleich zwischen den Instanzen ÜBER-ICH (Gewissen, Moral), ES (Sexualtrieb, Todestrieb) und ICH (Realitätsbewusstsein, das zwischen den Trieben und Werten und Normen des ÜBER-ICHs vermittelt), nicht mehr gelingt, kommt es zu Konflikten. Das ICH muss nun schützende Gegenmaßnahmen in Form von Abwehrmechanismen initiieren. Diese sollen Impulse,...
BINDUNG
Einem emotional-körperlich distanzierten Mann wird seine Partnerin meistens früher oder später sagen, dass er sich entscheiden muss: für ein Zusammenleben, in dem er Nähe zulässt oder für ein Leben ohne sie. Nicht selten folgt später dann die Trennung. Umgedreht wird ein Mann seiner klammernden Frau versuchen klarzumachen, dass er auch Freiräume...
SELBSTOBJEKT
Der Begriff „Selbstobjekt“ geht auf den Begründer der Selbstpsychologie, Heinz Kohut (1913-1981), amerikanischer Psychoanalytiker österreichischer Herkunft, zurück. Er definierte den Begriff Anfang der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts als ein Objekt (Imago, also Vorstellungsbild einer Person), das im Dienste des Selbst und der Aufrechterhaltung...
AGGRESSION
Freuds Lektüre von Triebe und Triebschicksale (1915) zeigt, dass die Psychoanalyse über eine ausgefeilte metapsychologische Theorie der Aggressivität verfügt. Das scheinbare Umschlagen von Liebe in Hass sei nur eine Illusion. Der Hass sei keine negative Liebe, er habe seine eigene Entwicklung, die Freud in seiner ganzen Komplexität aufzeigt und dessen...
MALIGNANT MEMORIES
Der Wiederholungszwang ist auf der Ebene der praktischen Psychopathologie ein nicht bezwingbarer Prozess unbewusster Herkunft, wodurch das Subjekt sich aktiv in unangenehme Situationen bringt und so alte Erfahrungen wiederholt, ohne sich des Vorbilds zu erinnern, im Gegenteil den sehr lebhaften Eindruck hat, dass es sich um etwas ausschließlich durch...
REGRESSION ODER DAS KIND IM ICH
Regression, lateinisch "regredi", bedeutet "zurückgehen". Wer sich von altersentsprechenden Verhaltensweisen auf frühere Entwicklungsstufen zurückzieht, der regrediert. Nur ein Teil der Menschen, der hohen Belastungssituationen ausgesetzt ist, kann diese auch bewältigen. Ein anderer Teil kommt damit nicht gut zurecht und zeigt daraufhin...
KRANKHEITSGEWINN
Unter Krankheitsgewinn sind objektive und/oder subjektive Vorteile zu verstehen, die ein Kranker aus seiner Krankheit beziehungsweise ein Patient aus seiner Diagnose zieht. Sobald ein Mensch die Rolle des Kranken einnimmt, kann er in der europäischen Kultur in der Regel davon ausgehen, teilweise oder ganz von Alltagspflichten entbunden zu werden,...
NARZISSMUS
Der griechischen Mythologie zufolge war Narziss der schöne Sohn des Flussgottes Kephissos und der Wassernymphe Leiriope. Auf seine Mitmenschen übt er eine unglaubliche Anziehungskraft aus, sodass sich viele in ihn verlieben. Doch aus Stolz und Überheblichkeit weist er alle zurück. Seine Überheblichkeit wird mit grenzenloser Selbstliebe gestraft. Als er...
PSYCHOTHERAPIE & KNIESCHMERZEN
Patienten machen häufig die Erfahrung, dass Ihnen bei reinem Knieverschleiß eine Arthroskopie nicht hilft. Gelenkschonender Sport wie Radfahren, Schwimmen, Walking bringt oft mehr, denn er spült Gelenkschmiere in das Knie. Zusätzlich baut sich eine stützende Muskulatur auf. Eine Operation lindert bestenfalls kurzfristig, denn der Verschleiß schreitet...
PSYCHOSOMATIK
Organische Beschwerden scheinen auf den ersten Blick nur selten psychosomatische Ursachen zu haben. Am Anfang einer Behandlung steht deswegen die Suche nach körperlichen Störungen, auch in Bezug auf äußere Faktoren. Jahrhunderte lang wurden in der westlichen Medizin Körper und Seele getrennt voneinander betrachtet und behandelt. Doch wenn organische...
ANGSTERKRANKUNGEN
Psychoanalytisch betrachtet entstehen Angsterkrankungen vor allem bei Menschen, die in ihrer Kindheit kaum emotionale Zuwendung erhielten beziehungsweise von schmerzlichen Trennungserfahrungen betroffen waren. Die Befürchtung oder die Realität, von den Eltern allein gelassen zu werden oder deren Zuneigung zu verlieren, begünstigt demzufolge die spätere...
AGGRESSION & DEPRESSION
In der Literatur kristallisieren sich im Wesentlichen drei große aggressionstheoretische Modelle heraus: Triebtheorien, Frustrationstheorien und Lerntheorien. Während bei letzteren vermutet wird, dass ein großer Teil des aggressiven Verhaltens durch Beobachtung erlernt wird, geht man bei den Frustrationstheorien von Einschränkungen eines Bedürfnisses...
UNRUHE
André Gide, 1869-1952, französischer Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger schreibt: „Niemand wird mehr als wir die Ruhe ersehnt und die Unruhe geliebt haben.“ Unruhe meint im medizinischen Sinn die ständige körperliche Aktivität und aus psychologischen Sicht die Nervosität. Im Subjektiven wird ein Gefühl mangelnder Stille empfunden. (Daneben...
BIOGRAPHIE & VERGANGENHEIT
Lesenswerte Auszüge aus einem Interview mit dem Titel: "Die Macht der Vergangenheit" von Tilman Botzenhardt und Claus Peter Simon mit Rainer Richter in der Zeitschrift GEO GESUNDHEIT, Ausgabe Nr. 4 vom 20.09.2016: Der Professor für Psychologie Rainer Richter erklärt, wie das Wissen um die eigene Biografie das Leiden lindern kann - und weshalb manche...
STRESS
Hans Selye (1907- 1982), ein österreich-kanadischer Mediziner, entwickelte bereits in den 1930er-Jahren die Grundlagen der Lehre vom Stress und vom allgemeinen Adaptationssyndrom oder Selye-Syndrom - ein allgemeines Reaktionsmuster des Körpers auf länger anhaltende Stressreize. Er gilt somit als Pionier der Stressforschung. Er unterschied positiven und...
LIEBE IM ZEITALTER DER APPS
In der "Süddeutschen Zeitung" vom 19.08.2016 findet sich ein Interview mit Alain de Botton über die Liebe im Zeitalter der Apps. Hier daraus die meiner Meinung nach spannendsten Sequenzen: Heiraten wir grundsätzlich immer den falschen Partner, weil wir romantische Vorstellungen haben? Und brauchen wir mehr Pessimismus, um das Leben zu bewältigen? Der...
SCHLAFSTÖRUNGEN
In Deutschland leiden mehr als 20 Millionen Menschen unter Einschlaf- und Durchschlafproblemen, wobei Frauen deutlich häufiger betroffen sind als Männer. Vielfach ist diese Störung behandlungsbedürftig. So leiden beispielsweise ältere Menschen vermehrt an Schlafstörungen, da bei diesen häufiger eine chronische Erkrankung zugrunde liegt, die den Schlaf...
DEPRESSION & MEDIKAMENTE
Der Verbrauch von Antidepressiva ist stark gestiegen. Dabei gibt es Zweifel an ihrer Wirksamkeit und andere Wege aus dem Dunkel: "Aus dem Schatten ans Licht" von Julia Friedrichs und Thorsten Padberg im Zeit Magazin Nr. 25 vom 24.06.2016. Hier nun ein Summary ihrer Recherchen: Wenn jemand, wie Tobias, des Lebens müde ist, braucht er Hilfe. Natürlich...
DAS BURNOUT-SYNDROM
In der Ausgabe GEO WISSEN GESUNDHEIT Nr. 4 findet sich ein lesenswerter Artikel von Ute Eberle und Claus Peter Simon zum Burnout-Syndrom mit dem Titel: „Das erschöpfte Ich“. Hier daraus nun die wichtigsten Aspekte: Sie sind ermattet, unkonzentriert, schlaflos und sehen keinen Sinn mehr in ihrer Tätigkeit. Menschen mit Burnout-Syndrom haben sich selbst...
WIRKSAMKEIT VON PSYCHOTHERAPIE
Im ZEIT Doctor aus der Zeit Nr. 46 vom 03.11.2016 findet sich ein aufschlussreicher Artikel von Corinna Schöps mit dem Titel: "Wenn die Seele Hilfe braucht" und den Untertiteln: "Was macht eine gute Psychotherapie aus? Wem hilft welches Verfahren? Und was genau geschieht dabei eigentlich in einem Menschen?" Hier nun ein Summary ihrer Recherchen: Was ist...
MÄNNER & THERAPIE
Im ZEIT MAGAZIN Nr. 36/2016 vom 8. September 2016 findet sich ein im wahrsten Sinne des Wortes zeitgemäßer Artikel von Jürgen von Rutenberg über Männer & Psychotherapie mit dem Titel: „Männer, lasst Euch helfen!“ Hier im Folgenden daraus die Essentials des Autors: Männer haben keine Depressionen, sie bringen sich höchstens um, so Gottfried Huemer,...
YOU BETTER DO WHAT THEY TELL YOU
Gesellschaftliche Enge war für die vergangenen Generationen in der “westlichen Welt“ das Joch, das es beständig zu bekämpfen und stückweise abzuschütteln galt. Auflehnung statt Anpassung war sozusagen die Triebfeder der westlichen Kulturentwicklung nach dem zweiten Weltkrieg. Ende der 90er...
UNTER DER SONNE DES NARZISSMUS: KOPFGEBURTEN
Eine andere Perspektive: Sich in der Welt, wie sie ihm gefällt, zu behaupten, ist eines der großen Themen des Narzissten. Der Begriff Kopfgeburt stammt aus der griechischen Mythologie. Göttervater Zeus wird prophezeit, dass seine Geliebte Metis ein Kind in die Welt setzen würde, welches eines...
SOZIALE ISOLATION
Die Polemik von Max Czollek’s „Desintegriert euch!“ liefert im Titel eine gute Vorlage für "das Buch unserer Zeit“. Psychologen würden wahrscheinlich lieber mit dem Aufruf: „Deisoliert euch!“ auf dem Titel in der Auslage des Buchhändlers liegen, weil die psychischen Folgen von Isolation...
HIKIOMORI ODER DER SELBSTVERORDNETE LOCKDOWN
Der Filmemacher und Philosoph Alexander Kluge fragt in einem Interview mit dem Film- und Theaterregisseur Christoph Schlingensief: „Die Zerrissenheit ist der Gegenpol des Glücks. Also wenn die beiden Seelen sich gegenseitig bewettern und zerfetzen, ist das ein sehr starkes Unglück. Was macht...
SELBSTOPTIMIERUNG
Der Unterschied zwischen einem Lebenskünstler und einem Selbstoptimierer ist nicht, dass sie unterschiedliche Ziele verfolgen, sondern letzterer die Kilometer und den Energieverbrauch auf dem Weg dorthin getrackt hat. Human Enhancement bezeichnet die selbstbestimmte Weiterentwicklung des...
KRÄNKUNG
„Die Kränkung ist etwas, das die Realität mir antut“, sagt der Psychoanalytiker Wolfgang Schmidbauer. Kränkungen sind nicht bloß Phänomen und Problem zwischenmenschlicher Beziehung, sondern zugleich eines der größten Risiken, auf dessen Basis sich Beziehungen in ihrem Potential erst entfalten....
DER CORONA-BLUES
„Die Ausnahme denkt das Allgemeine mit energischer Leidenschaft“, schreibt Søren Kierkegaard. Auch umgekehrt ist das Allgemeine ohne Ausnahme als solches nicht zu erkennen. Ausnahme- und Normalzustand bedingen einander, insofern als sie in ihrer Abweichung voneinander ihre jeweilige Bedeutung...
JOB ODER BERUFUNG
Man könnte fast meinen, Beruf und Berufung seien schlicht nur durch eine Silbe voneinander unterschieden. Berufener durch Berufung durch das Vernehmen einer Stimme von Außen zu sein, so sind pointiert Papst- und Priesterbiographien nachzuvollziehen. Ebenso können im akademischen Bereich...
MID-CAREER-CRISIS – KARRIEREKATER MIT 40
Eudaimonia beschreibt das höchste zu erreichende Gut. Das Endziel des Menschen, meint Aristoteles, sei die gelungene Lebensführung. Auch wenn phasenweise der Eindruck entsteht, die Verführungen des Lebens hinderten einen an der gelungenen Lebensführung, dann meist, weil sich der Eindruck...
DER VIRUS DES AUSNAHMEZUSTANDES
Angela Merkel hat in ihrer kürzlich gesendeten Fernsehansprache an den Verstand appelliert, indem sie eindringlich zu der Vermeidung sozialer Kontakte aufrief. Die Mutter erteilt Hausarrest. Und was macht üblicherweise dann das Kind? Aufbegehren oder verzweifelt rebellieren. Und wenn es der...
DER NAME DES VATERS
Der Name des Vaters (auch: Der symbolische Vater) beschreibt eine Theorie von Jacques Lacan (französicher Psychoanalytiker, der die Schriften Freuds interpretiert und weitergeführt hat). Übersetzt ins Französische sagt man: Nom-du-Père, in dessen Formulierung lautsprachlich das sogenannte...
THERAPIEABBRUCH
Es ist kein leichter Schritt, sich für eine Therapie zu entscheiden, und meist mit Scham verbunden. Und es ist oft auch ein schwerer Schritt, diese wieder zu beenden. In eine Beziehung hineinzukommen hat den Vorteil, nicht wissen zu können, worauf man sich einlässt. Das Beenden einer Therapie...
BEZIEHUNG UND BEZIEHUNGSUNFÄHIGKEIT
„Das führt dazu, dass wir uns selbst zuwenden und uns ständig mit unserer eigenen Psyche beschäftigen. Wir suchen den Fehler in unserem Selbst. Und die kognitive Psychologie zeigt: Wenn wir zu viel Auswahl haben, ruft das entweder Entscheidungsunfähigkeit oder Leidenschaftslosigkeit hervor. Wir...
PSYCHOTHERAPIE ODER COACHING
Jeder kennt den Satz: „Der gehört doch auf die Couch.“ Und niemand will von diesem gemeint sein. In manchen Bundesländern will man auch bereits in Erfahrung gebracht haben, wo die Reise hingeht: „Der gehört nach Bedburg-Hau, Ochsenzoll …“ - also in eine nahegelegene psychiatrische Klinik. Es...
SCHAM & PSYCHOTHERAPIE
Wikileaks Gründer Julian Assange saß lange in der ecuadorianischen Botschaft in London fest. Die Schuld, die er auf sich geladen hat, war der Leak von Informationen, die nicht an die Öffentlichkeit geraten sollten. Ähnlich verhält es sich mit dem Gefühl der Scham. Nur ist man sich bei diesem...
SCHULD, GEFÜHLE & PSYCHOTHERAPIE
Der Ursprung der Schuld liegt im Paradies, sagen die Theologen. Aber nicht nur der der Schuld, sondern auch der des Bewusstseins, sagen die Philosophen. Speziell Ethiker analysieren den Begriff als moralisches Gefühl. Und Juristen legen auf der Matrix psychologischer Gutachten fest, in welchem...
SALUTOGENESE UND LEBENSFREUDE
Der israelisch-amerikanische Soziologe Aaron Antonovsky (1923-1994) verglich einmal Gesundheit und Leben mit einem Fluss. Sein Gedanke war, dass Menschen in ihrem Leben bildlich gesehen in einem Fluss voller Gefahren, Strudeln, Biegungen und Stromschnellen schwimmen. Ärzte könnten mit ihrer...
GUTER PSYCHOTHERAPEUT, SCHLECHTER PSYCHOTHERAPEUT
Auch wenn die Behauptungen andere sind, aber nur in wenigen Berufen geht es um Leben und Tod oder die Operation am offenen Herzen. Der Chirurg bringt zur Operation sein Handwerkszeug mit und sein anwendbares Wissen über Herzen. Bei dem Beruf des Psychotherapeuten geht es zwar auch um Handwerk...
DIE ABWESENDE MUTTER
Das Verhältnis zur Mutter ist ein komplexes, das entweder durch aktives Beziehungsgeschehen prägend oder durch passives Beziehungserleben grundlegende Überzeugungen an das Kind vermittelt. Sicher ist, dass man diesem Verhältnis und seinen Ausprägungen nicht entkommen kann. Und dass an dem Satz:...
DIE WEISSE DEPRESSION
Die Farbe der Liebe ist rot. Die Farbe der Hoffnung ist grün. Die Farbe der Depression ist demnach schwarz? Die metaphorische Konnotation von komplexen Phänomenen mit eindeutigen Farben kann auch zum Einstieg in das Thema „weiße Depression“ hilfreich, jedoch gleichsam missverständlich sein....
LUSTGEWINN – UNLUSTVERMEIDUNG
„Wie, wenn nun Lust und Unlust so mit einem Stricke zusammengeknüpft wären, daß, wer möglichst viel von der einen haben will, auch möglichst viel von der andern haben muß – daß, wer das »Himmelhoch-Jauchzen« lernen will, sich auch für das »Zum-Tode-betrübt« bereit halten muß? Und so steht es...
NARZISSMUS ALS ANTRIEBSKRAFT IN DER PSYCHOTHERAPIE
„Dem Ich muss alles fremd sein, was nicht Ich ist, und als Ich muss es wiederum diese Fremdheit aufheben, die sich zwischen (…) das Wollen, das letzthin immer nur sich selbst will, eindrängt.“ (Walter Schulz) Vorausgesetzt der Aussage, dass das Ich sich immer nur selbst befriedigen wolle,...
ENTHALTSAMKEIT, ABHÄNGIGKEIT UND SELBSTKONTROLLE
Was bedeutet Verzicht? Verzicht ist eine aktive Tätigkeit der Enthaltsamkeit trotz eines bestehenden Angebotes oder gar des Überflusses. Aktuell fällt der Begriff natürlich häufig in der gerade begonnenen Fastenzeit. Hierbei richtet er sich meist auf den Konsum von potentiellen Suchtmitteln wie...
INTROSPEKTION UND EMPATHIE IN DER PSYCHOTHERAPIE
Empathisch zu sein, hat einen höchst emotionalen Streitwert. Dieser wird meist dann ins Feld geführt, wenn man sich unverstanden fühlt. Die Forderung nach Empathie bedeutet im Gefecht des wutgeladenen Austauschs auch: Versteh mich, aus mir und meiner Logik heraus. Denn es gibt eine Motivation...
ABSTINENZ… PSYCHOTHERAPIE
Der Begriff Abstinenz bedeutet in erster Linie Enthaltsamkeit. Enthaltsamkeit aber setzt voraus, dass es etwas gibt, von dem man sich enthalten kann. Und enthalten muss man sich nur, wenn auch ein unerwünschtes Begehren dem sich zu Enthaltenden gegenüber mitschwingt. Ebenso wie das Begehren...
DIE PATIENTEN-THERAPEUTEN-BEZIEHUNG
Angenommen es gäbe die Welt, aber es gäbe keine Beziehung. Zum Beispiel keine Beziehung zu Gegenständen, also keine Erinnerung an das vergangene Gespräch beim Anblick der Reste der Nacht. Keine Beziehung zu sich selbst, also ohne die Möglichkeit, sich selbst zu verstehen. Oder eben ohne...
WOFÜR ABWEHR GUT IST
Das Unangenehme ist nicht zumeist Draußen, sondern in einem selbst. Manchmal passt man sich selbst nicht ins Selbstbild. Aber: Wohin dann mit diesem störenden „Gast“? Nimmt man an, es handelt sich um ein unangenehmes Vorurteil, das sich blitzartig auf dem Weg zur Arbeit in das Bewusstsein...
MEHR ÜBER ANGSTZUSTÄNDE… PANIK
Die Phänomene Angst und Panik sind vielseitig: Ist man in Angst, erscheint sie überflutend als Zustand der Bedrohung, den es wieder loszuwerden gilt. Bemerkbar wird sie als plötzlicher Umbruch in der Wahrnehmung, als Fokussierung auf die Bedrohung oder die Umdeutung der scheinbaren Harmonie und...
ZUFRIEDENHEIT & GLÜCKSFORSCHUNG
Das auf einer hohen Amplitude stehende dauerhafte Glück ist von der Evolution nicht vorgesehen. Die gute Nachricht ist, dass Glück und Zufriedenheit trotzdem kultivierbar sind. Der Hype um das Glück hat zugenommen und die Forschung hat nachgelegt. Allein deshalb ist der Begriff des Glücks in...
TINDER & LIEBE
„Die Liebe überbietet fort und fort sich selbst, obwohl doch der andere, der bietet, sie selber ist und sie insofern der einzige beim Bieten ist.“ Dieser Gedanke zum Thema Liebe ist in einem der zahlreichen Briefe zu lesen, die der Philosoph und Theologe Sören Kierkegaard an seine Verlobte...
SPRECHENDE MEDIZIN
In Goethes Trauerspiel „Die natürliche Tochter“ (1801-1803) heißt es: „Das Wort verwundet leichter als es heilt.“ Bezieht man diesen Ausspruch auf die Situation, in der Arzt und Patient in den Dialog über Gesundheitszustände treten, dann bekommt das Wort als Wucht der Verwundung und Mittel des...
DER FLEXIBLE MENSCH
Flexibilität wird häufig als Gegensatz zu Stabilität definiert. Eine Übersetzung dieser beiden Begriffe könnte auch lauten: Anpassungsfähigkeit und Unbeweglichkeit. In Anbetracht situationsbedingter Entscheidungen spricht man auch von einem Flexibilitäts-Stabilitäts-Dilemma: Wer gerade einer...
WORK-LIFE-BALANCE
In einem Interview auf meedia.de wird der Autor und Philosoph Alain de Botton gefragt, ob ihn sein Beruf glücklich mache. Er antwortet: „Ja, leider schon.“ Daraufhin wird er gefragt: „Warum leider?" de Botton: „Wir sind die erste Gesellschaft, die Arbeit nicht nur als Strafe empfindet, sondern...
AUSSTEIGER
Den Schatten, den die Jalousien im Büro spenden, gegen den unter Palmen eintauschen, die schwerwiegende berufliche Entscheidung mit dem Fang eines schweren Fisches für die Abendmahlzeit ersetzen. Anstelle der Ansage auf der Konferenz die Absage an sein streng reguliertes Leben formulieren. Und...
LEISTUNG… SELBSTOPTIMIERUNG
„Stressfrei durch den Berufsalltag“, „Entspann Dich! – Selbstoptimierung durch Gelassenheit“ oder auch „Effizienz und Ausgeglichenheit – wie Sie den Leistungsansprüchen genügen können“ – so oder ähnlich könnten Buchtitel lauten, die ein gutes Lebensgefühl versprechen. Gesetzt den Fall, man...
KAMPF UM ANERKENNUNG
Der Begriff der Anerkennung, aber auch die Bejahung, Akzeptanz oder Bestätigung finden in der klassischen Psychoanalyse keine Anwendung. Doch in einigen neueren, intersubjektivistischen Ansätzen, wie sie unter anderem die Psychoanalytikerin Jessica Benjamin vertritt, kommt der „Anerkennung“...
MORALISCHES EMPFINDEN
Im Rahmen eines Experiments sollte ein Teil einer Gruppe eingeladener Theologiestudenten einen Vortrag über Berufsaussichten, ein anderer Teil einen Vortrag über die biblische Parabel vom barmherzigen Samariter vorbereiten. Anschließend wurden sie zum Vortrag in ein anderes Gebäude geschickt....
MORE ABOUT DEPRESSION
In „The Guardian“ vom 7. Januar 2018 wird in einem Artikel von Johann Hari mit dem Titel: „Is everything you think you know about depression wrong?“ die Brüchigkeit der Serotonin-Mangel-Hypothese, sprich die Fragwürdigkeit der Erklärung der Entstehung von depressiven Erkrankungen durch einen...
AUTONOMIE – ABHÄNGIGKEIT
Die schützende Geborgenheit, die das Neugeborene in der zunächst symbiotischen Mutter-Kind-Beziehung erlebt, weicht sukzessive dem gleichermaßen im Menschen angelegten Bedürfnis, die Welt selbstständig zu erkunden. So wie das Kind im ersten Lebensjahr die Verbundenheit mit der Mutter als...
VERSCHIEBUNG ALS ABWEHR
Wenn der Ausgleich zwischen den Instanzen ÜBER-ICH (Gewissen, Moral), ES (Sexualtrieb, Todestrieb) und ICH (Realitätsbewusstsein, das zwischen den Trieben und Werten und Normen des ÜBER-ICHs vermittelt), nicht mehr gelingt, kommt es zu Konflikten. Das ICH muss nun schützende Gegenmaßnahmen in...
BINDUNG
Einem emotional-körperlich distanzierten Mann wird seine Partnerin meistens früher oder später sagen, dass er sich entscheiden muss: für ein Zusammenleben, in dem er Nähe zulässt oder für ein Leben ohne sie. Nicht selten folgt später dann die Trennung. Umgedreht wird ein Mann seiner klammernden...
SELBSTOBJEKT
Der Begriff „Selbstobjekt“ geht auf den Begründer der Selbstpsychologie, Heinz Kohut (1913-1981), amerikanischer Psychoanalytiker österreichischer Herkunft, zurück. Er definierte den Begriff Anfang der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts als ein Objekt (Imago, also Vorstellungsbild einer...
AGGRESSION
Freuds Lektüre von Triebe und Triebschicksale (1915) zeigt, dass die Psychoanalyse über eine ausgefeilte metapsychologische Theorie der Aggressivität verfügt. Das scheinbare Umschlagen von Liebe in Hass sei nur eine Illusion. Der Hass sei keine negative Liebe, er habe seine eigene Entwicklung,...
MALIGNANT MEMORIES
Der Wiederholungszwang ist auf der Ebene der praktischen Psychopathologie ein nicht bezwingbarer Prozess unbewusster Herkunft, wodurch das Subjekt sich aktiv in unangenehme Situationen bringt und so alte Erfahrungen wiederholt, ohne sich des Vorbilds zu erinnern, im Gegenteil den sehr lebhaften...
REGRESSION ODER DAS KIND IM ICH
Regression, lateinisch "regredi", bedeutet "zurückgehen". Wer sich von altersentsprechenden Verhaltensweisen auf frühere Entwicklungsstufen zurückzieht, der regrediert. Nur ein Teil der Menschen, der hohen Belastungssituationen ausgesetzt ist, kann diese auch bewältigen. Ein anderer Teil kommt...
KRANKHEITSGEWINN
Unter Krankheitsgewinn sind objektive und/oder subjektive Vorteile zu verstehen, die ein Kranker aus seiner Krankheit beziehungsweise ein Patient aus seiner Diagnose zieht. Sobald ein Mensch die Rolle des Kranken einnimmt, kann er in der europäischen Kultur in der Regel davon ausgehen,...
NARZISSMUS
Der griechischen Mythologie zufolge war Narziss der schöne Sohn des Flussgottes Kephissos und der Wassernymphe Leiriope. Auf seine Mitmenschen übt er eine unglaubliche Anziehungskraft aus, sodass sich viele in ihn verlieben. Doch aus Stolz und Überheblichkeit weist er alle zurück. Seine...
PSYCHOTHERAPIE & KNIESCHMERZEN
Patienten machen häufig die Erfahrung, dass Ihnen bei reinem Knieverschleiß eine Arthroskopie nicht hilft. Gelenkschonender Sport wie Radfahren, Schwimmen, Walking bringt oft mehr, denn er spült Gelenkschmiere in das Knie. Zusätzlich baut sich eine stützende Muskulatur auf. Eine Operation...
PSYCHOSOMATIK
Organische Beschwerden scheinen auf den ersten Blick nur selten psychosomatische Ursachen zu haben. Am Anfang einer Behandlung steht deswegen die Suche nach körperlichen Störungen, auch in Bezug auf äußere Faktoren. Jahrhunderte lang wurden in der westlichen Medizin Körper und Seele getrennt...
ANGSTERKRANKUNGEN
Psychoanalytisch betrachtet entstehen Angsterkrankungen vor allem bei Menschen, die in ihrer Kindheit kaum emotionale Zuwendung erhielten beziehungsweise von schmerzlichen Trennungserfahrungen betroffen waren. Die Befürchtung oder die Realität, von den Eltern allein gelassen zu werden oder...
AGGRESSION & DEPRESSION
In der Literatur kristallisieren sich im Wesentlichen drei große aggressionstheoretische Modelle heraus: Triebtheorien, Frustrationstheorien und Lerntheorien. Während bei letzteren vermutet wird, dass ein großer Teil des aggressiven Verhaltens durch Beobachtung erlernt wird, geht man bei den...
UNRUHE
André Gide, 1869-1952, französischer Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger schreibt: „Niemand wird mehr als wir die Ruhe ersehnt und die Unruhe geliebt haben.“ Unruhe meint im medizinischen Sinn die ständige körperliche Aktivität und aus psychologischen Sicht die Nervosität. Im...
BIOGRAPHIE & VERGANGENHEIT
Lesenswerte Auszüge aus einem Interview mit dem Titel: "Die Macht der Vergangenheit" von Tilman Botzenhardt und Claus Peter Simon mit Rainer Richter in der Zeitschrift GEO GESUNDHEIT, Ausgabe Nr. 4 vom 20.09.2016: Der Professor für Psychologie Rainer Richter erklärt, wie das Wissen um die...
STRESS
Hans Selye (1907- 1982), ein österreich-kanadischer Mediziner, entwickelte bereits in den 1930er-Jahren die Grundlagen der Lehre vom Stress und vom allgemeinen Adaptationssyndrom oder Selye-Syndrom - ein allgemeines Reaktionsmuster des Körpers auf länger anhaltende Stressreize. Er gilt somit...
LIEBE IM ZEITALTER DER APPS
In der "Süddeutschen Zeitung" vom 19.08.2016 findet sich ein Interview mit Alain de Botton über die Liebe im Zeitalter der Apps. Hier daraus die meiner Meinung nach spannendsten Sequenzen: Heiraten wir grundsätzlich immer den falschen Partner, weil wir romantische Vorstellungen haben? Und...
SCHLAFSTÖRUNGEN
In Deutschland leiden mehr als 20 Millionen Menschen unter Einschlaf- und Durchschlafproblemen, wobei Frauen deutlich häufiger betroffen sind als Männer. Vielfach ist diese Störung behandlungsbedürftig. So leiden beispielsweise ältere Menschen vermehrt an Schlafstörungen, da bei diesen häufiger...
DEPRESSION & MEDIKAMENTE
Der Verbrauch von Antidepressiva ist stark gestiegen. Dabei gibt es Zweifel an ihrer Wirksamkeit und andere Wege aus dem Dunkel: "Aus dem Schatten ans Licht" von Julia Friedrichs und Thorsten Padberg im Zeit Magazin Nr. 25 vom 24.06.2016. Hier nun ein Summary ihrer Recherchen: Wenn jemand, wie...
DAS BURNOUT-SYNDROM
In der Ausgabe GEO WISSEN GESUNDHEIT Nr. 4 findet sich ein lesenswerter Artikel von Ute Eberle und Claus Peter Simon zum Burnout-Syndrom mit dem Titel: „Das erschöpfte Ich“. Hier daraus nun die wichtigsten Aspekte: Sie sind ermattet, unkonzentriert, schlaflos und sehen keinen Sinn mehr in ihrer...
WIRKSAMKEIT VON PSYCHOTHERAPIE
Im ZEIT Doctor aus der Zeit Nr. 46 vom 03.11.2016 findet sich ein aufschlussreicher Artikel von Corinna Schöps mit dem Titel: "Wenn die Seele Hilfe braucht" und den Untertiteln: "Was macht eine gute Psychotherapie aus? Wem hilft welches Verfahren? Und was genau geschieht dabei eigentlich in...
MÄNNER & THERAPIE
Im ZEIT MAGAZIN Nr. 36/2016 vom 8. September 2016 findet sich ein im wahrsten Sinne des Wortes zeitgemäßer Artikel von Jürgen von Rutenberg über Männer & Psychotherapie mit dem Titel: „Männer, lasst Euch helfen!“ Hier im Folgenden daraus die Essentials des Autors: Männer haben keine...